Startseite » Grillrezepte » Grillen mit Diabetes – Ein Fest (auch?) für Diabetiker

 

Grillen mit Diabetes kann Spaß machen! Dabei müsst ihr und euer Umfeld nur auf ein paar Dinge bei der Essensplanung Acht geben. 

Als Diabetiker werde ich häufig gefragt: „Darfst Du das denn essen?“ Auch wenn Kohlenhydrate oder reiner Zucker drin sind. Ja, ich darf! Es kommt, wie bei nahezu allem, auf das Maß an. Und natürlich spielt auch die Lebenseinstellung jedes Einzelnen eine Rolle. Nur weil ich Diabetes habe, muss ich nicht wie ein Asket leben. Und gegen die Kohlenhydrate aus den Lebensmitteln gibt es Insulin.

Erfahrene Diabetiker wissen im Allgemeinen schon, was für sie gut oder schlecht ist und wie viel Insulin sie für die einzelnen Lebensmittel berechnen müssen. Gute Einstellung und Planung sind die Basis für ein mehr oder weniger normales Leben mit Diabetes.

Schlemmen ohne Risiko

Eine besondere Herausforderung für Diabetiker sind Feste und Partys, bei denen über einen längeren Zeitraum gegessen und getrunken wird und nie wirklich klar ist, was da alles im Essen drin steckt.

Speziell ein Grillfest kann einem Diabetiker schon einen gehörigen Strich durch die beste und sorgfältigste Einstellung und Planung machen. Natürlich ist es möglich, sich den Bauch statt mit vielen kohlenhydrathaltigen Sachen vollzuschlagen, nur Fleisch, Würstchen, Gemüse und Salat zu essen. Wie jeder Diabetiker in der ersten Schulung erfahren hat, muss man Eiweiß und Grünzeugs in der Insulinberechnung nicht berücksichtigen. Aber so eine Ernährungsweise (nicht nur beim Grillen) wäre recht einseitig und auf Dauer auch langweilig.

Wie gesund ist Grillen mit Diabetes?

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Gegrilltes zu essen. Grillen zählt zu den besten Garungsmethoden überhaupt. Jedoch empfiehlt es sich, gewisse Vorsichtsmaßnahmen dabei nicht völlig außer Acht zu lassen.

So sollte unbedingt vermieden werden, dass Fett direkt unter dem Steak auf die glühende Grillkohle tropft. Die dabei entstehenden Benzpyrene gelten als krebserregend. Auch das Grillen von gepökeltem Fleisch, wie beispielsweise Kasseler Rippchen, sollte unbedingt vermieden werden. Die dabei entstehenden Nitrosamine werden ebenfalls als krebserregend erachtet.

Diese Tipps gelten natürlich auch für Nichtdiabetiker. Inwieweit dies durch die verringerte Immunabwehr von Diabetikern begünstigt werden könnte, ist nicht sicher. Allerdings wurde bei Untersuchungen ein direkter Zusammenhang zwischen dem Verzehr von hoch erhitztem Fleisch durch Grillen und einem um 30 Prozent erhöhten Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, festgestellt.

Wer kennt zum Beispiel FPE? Oder AGEs?

In gegrillten Speisen verstecken sich (vor allem in Fleisch) ganz andere, speziell für Diabetiker zu beachtende Fallen. Wie schon gesagt, haben Diabetiker gelernt, dass Fleisch und Grünfutter bei der Berechnung der benötigten Insulinmenge eigentlich nicht einbezogen werden müssen. Eigentlich …

Beim Grillen wird jedoch mehr Fett verzehrt als bei anderen Gelegenheiten. Da gibt es leckere Knoblauchbutter, tolle Dips, feine Soßen, Ketchup, mariniertes Fleisch und appetitliche Grillwürstchen. Abgesehen vom Fett: Wer hat sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, worin überall Zucker versteckt ist?

Die folgenden drei Dinge sind für den Diabetiker beim Grillen besonders hinterhältig, weil sie vom Standard des Diabetikeralltags komplett abweichen:

  • Fett
  • Proteine (Eiweiß)
  • Alkohol

Wieso das denn?

Die Wirkung von Fett

Bekannterweise verzögert Fett in Speisen die Aufnahme von enthaltenen Kohlenhydraten in das Blut. Zum Beispiel bei Schokolade oder einer Mahlzeit mit durchwachsenem Fleisch und Nudeln. Je nachdem ob Typ 1 oder 2 müssen Diabetiker damit unterschiedlich umgehen. Beim Typ-2-Diabetiker kann es gut möglich sein, dass die Fett/KH-Kombination genügend verzögert, sodass die körpereigene Insulinproduktion noch ausreicht, über den längeren Zeitraum den Blutzucker im Zaum zu halten.

Bei einem Typ-1-Diabetiker kann das, je nach Basalrate oder zugegebenem Bolus-Insulin eventuell auch erst einmal so aussehen. Aber gerade das bei einem Grillfest verzehrte Fett darf nicht vernachlässigt werden, da Fett letztendlich über Umwege auch zu Glucose verstoffwechselt wird. Und wenn die Menge entsprechend groß ist, wird das sowohl für den Typ-1- als auch den Typ-2-Diabetiker riskant. So kann ein starker Blutzuckeranstieg eventuell erst Stunden später erfolgen. Meist dann in der Nacht im Schlaf oder am Morgen nach der Fete.

Deshalb gilt es unbedingt zu beachten, dass notfalls öfter gemessen wird und die Basalrate bzw. das Bolus-Insulin dahin gehend angepasst wird. Der Fachbegriff dazu heißt FPE – Fett-Protein-Einheit. Die Umrechnung sollte man sich am besten bereits vor dem Grillfest notieren, um dies beim nötigen Spritzen zu berücksichtigen. Wer sich das nicht zutraut (insbesondere bei erhöhtem Alkoholgenuss – der, wie später beschrieben, noch seine eigenen Tücken hat) sollte das im Vorfeld mit einer Vertrauensperson (Ehepartner, Eltern, Freund) klären.

Die Wirkung von Proteine (Eiweiß)

Aber auch die normalerweise „ungefährlichen“ Proteine können insbesondere für Diabetiker ein Risiko darstellen. Beim Grillen entstehen durch die starke Erhitzung sogenannte AGEs – Advanced Glycation Endproducts (fortgeschrittene Glykierungs-Endprodukte). Beim Braten und Grillen werden wesentlich mehr davon erzeugt, als bei anderen Garungsmethoden. Gerade aber diese AGEs werden auf Dauer im Körper eingelagert. Sie werden als erhöhte Gefährdung für Folgeerkrankungen bei Diabetikern erachtet.

Ein weiterer Grund gegen eine ungehemmte Aufnahme von Proteinen ist die Menge, die der Körper überhaupt verwerten kann. Bei den üblichen täglichen Mahlzeiten spielen die geringen Mengen jedoch keine Rolle. Wenn aber gewisse Grenzwerte überschritten werden, entstehen Giftstoffe, die der Körper unbedingt wieder abgeben muss. Dies geschieht vorwiegend über die Harnwege. Dazu muss aber der gesamte Weg von der Leber ab gesund sein.

Proteine spielen daher bei Diabetikern eine zusätzliche Rolle, weshalb der Konsum nicht unbegrenzt sein kann. Eine Folgeerkrankung durch Diabetes können unter Anderem Nierenschäden sein. Durch erhöhten Eiweißverzehr werden die Nieren stärker belastet. Sowie die Nieren beginnen, Eiweiß auszuscheiden (Nachweis im Urin), erhöht sich das Risiko für andere Folgeschäden wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die Wirkung von Alkohol

Über den Durst getrunken hat bestimmt fast jeder schon einmal. Ist ja auch nichts dagegen einzuwenden – muss aber nicht unbedingt sein. Jedoch haben Diabetiker an dieser Stelle ein völlig anderes Problem als Rausch nebst Folgeerscheinungen.

Abgesehen davon, dass Alkohol dem Körper Wasser entzieht (vor allem das Gehirn zahlt das einem mit Kater heim), hemmt er die Glucosebildung der Leber. Ein Nichtdiabetiker, der zum selbst produzierten nicht zusätzlich Insulin zuführt, spielt das keine Rolle. Die Bauchspeicheldrüse gibt einfach keines mehr ab.

Aber beim Diabetiker bleibt externes Insulin so lange wirksam, bis es komplett verarbeitet ist. Für den Fall, dass alle verzehrten Kohlenhydrate umgesetzt sind, fordert der Körper normalerweise weitere Glucose von der Leber ab, um der Blutzuckerabsenkung entgegen zu wirken. Die durch den Alkohol blockierte Leber macht das aber nicht und so wird einfach weiterhin der Blutzucker abgebaut. Die Folge kann eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) sein.

Daher sind so manche Meldungen nicht verwunderlich, nach denen ein Typ-1-Sportler nach einer Siegesfeier im Schlaf gestorben ist. Sport (vermehrter Glucosebedarf, auch noch Sunden danach), Fett (verzögerte Kohlenhydrataufnahme) und Alkohol (blockierter Glucoseausgleich durch die Leber) führen unkontrolliert in eine schwere Unterzuckerung, die unbehandelt lebensbedrohend ist. Jedoch möchte ich euch an dieser Stelle keine Angst machen. Euch und eurem Umfeld sollte dies nur bewusst sein.

Grillen mit Diabetes

Grillen ist nicht schädlich! Und es schmeckt! Egal, was ich bis hier geschrieben habe. Das klingt alles extrem deprimierend, aber Diabetes versteht in manchen Situationen leider einfach keinen Spaß. Muss man so hinnehmen.

In Maßen genießen, nicht nur Fleisch, sondern auch Gemüse, Pilze und Obst grillen bringt nicht nur Abwechslung in das Essen, es schmeckt auch lecker und ist wesentlich einfacher im Griff zu halten. Nicht mit Neid auf Nichtdiabetiker blicken. Diabetiker sollten eine intensivere und gewissenhaftere Lebensplanung bereits verinnerlicht haben. Das Beste daraus machen und sich auf keinen Fall den Spaß verderben lassen!

 

Als Nicht-Diabetiker denkt man bei der Vorbereitung der nächsten Grillfete oft nicht an die verschiedenen Ernährungsweisen seiner Gäste. Zumindest geht es oft mir so. Oder ich denke teilweise dran und dann vergesse ich doch eine Kleinigkeit. Ich danke daher besonders Bernhard an dieser Stelle, dass er einen kleinen Einblick in das Leben eines Diabetikers gegeben hat.